Hier bin ich nicht Mensch, hier darf ich sein

Damnificados heisst so viel wie Geschädigte, politisch korrekt heissen sie seit Neustem Dignificados (dignificar = würdig sein; werden), und bezeichnet die Familien und unglückseligen Menschen, die kein Heim mehr haben. Z.B. aufgrund der starken Regenfälle im letzten Dezember oder einem Erdrutsch vor knapp 10 Jahren, welcher ein ganzes Barrio im Staat Vargas, unweit von hier, unbewohnbar machte. Es existiert ein eklatantes Wohnungsdefizit in Caracas. Das Bauen von neuen Wohnungen wurde zur Chefsache erklärt, und deswegen auch das Ermächtigungsgesetz letzten Dezember erlassen. „Vorübergehend“ hat man die Familien in für diesen Zweck enteignete, sowie umgestaltete Parkhäuser und Hotels einquartiert. Vorübergehend ist deshalb zynisch, weil die meisten Menschen mittlerweile seit einem halben Jahr dort wohnen, bzw. Familien von vor 10 Jahren noch immer kein neues Zuhause haben (1). Alle paar Wochen weiht Chávez nun einige Dutzend neue Wohnungen ein (Vivienda), die feierlich übergeben werden an die ‚Dignificados‚. Zumeist werden aber nur viele große Wohnprojekt proklamiert und wenig wird fertig.

Das Provisorium geht nicht vorüber; das Parkhaus gleich bei mir um die Ecke

Dabei ist die Situation in den Parkhäusern haarsträubend: Krankheiten, schlechte Verkehrsverbindungen, Gemeinschaftsküchen, schimmelnde und berstende Räumlichkeiten, das Fehlen von Strom, Privatsphäre, Identität, Schule, Ärzte und Wasser. Was folgt sind Kriminalität und eingeschränkte Lebensqualität, einhergehend mit hoher Arbeitslosigkeit. Demonstration und Proteste für bessere Umstände fehlen nicht (7.4.2011, El Universal „Damnificados se hacen escuchar“; 2). Artikel 25 der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte ist in allen Punkten verletzt (3).

2: Wiesenfeld und Amarao (2007): Cuando mudarse es más que cambiar vivienda

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