Weltkulturerbe zerfällt

Vor genau 10 Jahren hat die Universidad Central de Venezuela (UCV) den Weltkulturerbetitel bekommen. Auf dem riesigen Campus, mit über 70 000 Studenten und knapp 6000 Professoren, befindet sich ein großes Schwimmbad, ein Baseball Stadion, betonüberdachte Wege und eine Menge heruntergekommener Gebäude – hier gewinnt der Sichtbetonstil eine ganz neue Bedeutung, weil der Beton erst allmählich zum Vorschein kommt. Selbst die medizinische Fakultät strotzt nur so von Baufälligkeit. Es gibt kunstvolle Mosaikgemälde an den Wänden sowie Palmen.

Die psychologische Bibliothek ist sehr heruntergekommen. Die Bibliothekarin ist von einem Pilz infiziert, der auch die Bücher belegt und zunichte macht. Hier kann man nicht einfach so sein Buch ausleihen und mit nachhause nehmen. Es sind alles Bestandsbücher.

Vorlesungen in großen Säälen scheint es nicht zu geben. Es wird in Seminargröße gelernt. Theoretisch kämen auf einen Professor etwa 12 Studenten. Als ich durch die psychologische Fakultät gelaufen bin, habe ich knapp 5 kleine Büros gesehen.

Die Aula Magna der UCV ist mit einer fabelhaften Akustik ausgestattet. Hier gibt es eher Konzert als Vorlesung. Gestern durfte ich einem solchen Konzert beiwohnen. Gespielt hat anlässlich seines 36. Geburtstages die Fundacion del Estado Sistema Nacional de las Orquestras y Coros Juveniles e Infantiles de Venezuela (Fesnojiv) Gustav Mahler’s 3. Sinfonie in D-Moll, mit Michelle DeYoung als Solistin. Dabei heisst El Sistema, dass in ganz Venezuela ein Netz von hunderten von Orchestern rund 350.000 Kinder und Jugendliche beschäftigen. Diese sollen wohl v.A. aus den ärmeren Schichten rekrutiert worden sein und damit von Kriminalität und Drogen abgehalten werden.

Der Eintritt für das Konzert lag bei ca. 20 Bolivares (Bs), etwa so teuer wie 20 Brötchen, wobei ein Brötchen hier ein fünftel so viel kostet wie in Deutschland. Es war alles ausverkauft und am Ende Standing Ovation mit 10 Minuten Applaus – Habe ich noch nie erlebt so etwas (den Applaus). Bemerkenswert ist der Kinderchor, der knapp 300 Kleine zählte. sie haben dann auch knapp 5 min. gesungen 🙂

Dieses Profiorchester und das heruntergekommene Weltkulturerbe stehen im krassen Gegensatz.

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